Das ist definitiv das Pirolatal, und zwar der vordere Bereich in etwa zu Füßen von Hillis Appelsinenkiste ... links im Hintergrund sieht man die jungen Randdünen, die mittlerweile fast vollständig aufgerieben sind, rechts die Ausläufer der Herrenhus-Dünen ... ein tolles Foto, zeigt es doch, wie breit und großartig einst das Pirolatal war ... hatte Chris nicht angemerkt, dass hier früher die HJ gezeltet hatte?? ...
Ne, das war ich selber (mit der HJ-Anmerkung) In jüngerer Vergangenheit hat es da übrigens noch ein "Zeltlager" gegeben - bei den Dreharbeiten zu dem Mehrteiler "Die Insel" Ende der 80er wurde dort eine zünftige Schickeria-Party inszeniert....
Aber, wo hier gerade die Experten versammelt sind: Bei der Sturmflut 1962 lief das Pirolatal von der Wattseite her komplett voll. Hat noch jemand Erinnerungen, ob und wie lange das zu Einschränkungen bei der Trinkwasserversorgung geführt hat? Ich kann mit nicht vorstellen, daß die Süsswasserlinse das damals unbeschadet überstanden hat.
das ist ja ne spannende Frage ... dass auch das Pirolatal vollgelaufen ist, ist mir neu. Ich dachte immer, es hätte lediglich der Bereich "Kinderkur" unter Wasser gestanden. Gibt es am Ende Fotos vom Pirolatal damals? Das wäre ja grandios !!! ... jedenfalls: wenn das Pirolatal vollgelaufen ist, dann müsste die Süßwasserlinse tatsächlich unbrauchbar geworden sein, zumindest solange, bis sich das dichtere Salzwasser vom Süßwasser wieder getrennt hat ... wie lange sowas dauert weiß ich nicht. Ganz sicher spielt dabei eine Rolle, wieviel es in der Folgezeit geregnet hat ... hoffentlich gibt es Augenzeugen ...
Ich war damals 8 Jahre alt und zufällig auf der Insel. Das Wasser kam bis an den Dünenfuss der Seenotbeobachtungstelle, es hat später noch jahrelang Markierungspfähle mit Angabe der damalingen Wasserhöhe gegeben, ich habe aber auch noch nie ein Foto davon gesehen.
... oh, tolle Sache, das mit den Extra-Themen ... vielen Dank dafür ... ... und schon habe ich wieder eine Frage ... vielleicht vorweg: ich schreibe gerade einen Beitrag über das Pirolatal für das Langeoognews-Jahresmagazin 09, deshalb diese andauernde Fragerei ... jedenfalls würde mich noch interessieren, ob es zwischen 1986 und 1997 größere Dünenschutzmaßnahmen gegeben hat ... da habe ich in meiner Literatur mal wieder eine doofe Lücke ... ich kann mich zwar grob erinnern, dass außer dem Setzen von Buschfaschinen am seeseitigen Dünenfuß nichts gemacht wurde, aber ich bin mir nicht ganz sicher ...
Abermals vielen Dank für Eure Unterstützung, grüßt Eden
Die Chronologie der Dünenschutzmaßnahmen beginnt eigentlich mit dem Moment, wo Menschen die Wichtigkeit von deren Schutz erkannten...
Der Zusammenschluß der Insel nach dem Durchbruch im Großen Schloop war wohl das erste Langeooger Beispiel für den gezielten Dünenwiederaufbau, der sich nach 1962 im Bereich der Kinderkur fortsetzte. Das damals wie heute anerkannte und angewandte Prinzip war das der Buschfaschinen. Das Setzen dieser Sandfänger stellt insoweit nichts Neues dar und ist eine der ältesten Techniken des Dünenschutzes. Ob die Nazis zum Schutze ihrer Bunker an den Pirolataldünen etwas getan haben, weiss ich leider nicht, aber nach dem Krieg setzte dort erst Ende der 60er Jahre Tätigkeit ein. Das lag vor allem daran, daß es bis dahin in diesem Bereich überhaupt keine Notwendigkeit besonderer Maßnahmen gab. Die Aufnahme von dem Zeltlager oben zeigt es deutlich, wie dieses Tal auch in den 60er Jahren aussah - breit, mit einer langsam ansteigenden Randdünenkette. Meine Kindheitserinnerungen aus den 50/60ern sind mir noch deutlich vor Augen: Es ging die innere Dünenkette hoch, dann folgte ein kleines, ca. 30 m breites und 4 m tiefes Dünental, dann folgte die eigentliche Randdünenkette, auf der die drei oder vier Ruinen der Flakstellungen standen (das waren immerhin zweigeschossige Bunker mit einer ca. 10 m großen, runden Betonplatte als Decke und Geschützfundament), und dann ging es langsam zum Strand herunter. Der war breit - selbst bei Hochwasser noch mindestens 40 m. Es war von der Tiefe her der breiteste und auch mit der schönste Strand, den Langeoog zu bieten hatten. Wir waren dort deswegen, weil die Jugendheime (auch Haus Meedland) an der Stelle, wo bis letztes Jahr die Surfschulen waren, ihre Badebuden hatten. Das Ganze hieß damals auch noch "Jugendstrand". Der Angriff der See erfolgte 1962 nicht dort, sondern weiter westlich, eben auf der Höhe Kinderkur. Die Randdünen am Pirolatal leckten zwar zum ersten Mal seit vielen Jahren am Wasser, aber eigentlich folgenlos. Ein Ergebnis der 62er Sturmflut war aber auch, daß der Hauptbadestrand viel Sand verloren hatte und in der Folge erhebliche Abbrüche an den Heerenhusdünen zwischen Strandhalle und Gerk sin Spoor zu verzeichnen waren. Unter Anderem mußte in diesem Gebiet in den letzten 30 Jahren zweimal die Höhenpromenade nach innen verlegt werden. Dieser Verlust setzte sich immer weiter nach Osten fort, wenn man heute eine Linie ziehen würde, käme man zu dem Schluß, daß die ganze Insel allmählich nach Süden weggedrängt würde.
Die erste direkte Schutzmaßnahme vor den Pirolatal-Dünen war mit Beginn der 70er Jahre die Verlegung der berühmten Sandschläuche am Strand. In diesem Sommer konnte man bei Niedrigwasser sogar noch einige Relikte dieser Aktion bewundern, die da nach Jahren wieder zum Vorschein gekommen waren. Ob diese Maßnahme tatsächlich als Erfolg zu werten war, darüber zweifeln die Gelehrten. Immerhin haben wir so einen ungefähren Anhaltspunkt, wo früher mal der Dünenfuß war. Dabei bitte immer berücksichtigen, daß zum Zeitpunkt der Verlegung dieser Schläuche bereits einige zig Meter Dünenkette weg waren. Und - der Anglerverein Langeoog hatte endlich binnenwasserjagdgründe: Das Sand/Wassergemisch, was damals in die Schläuche eingefüllt wurde, stammt nämlich von der Stelle, wo heute im Großen Schloop der große Brackwassersee ist....
Es stellte sich als Segen für die Insel heraus, daß in den 80er/90er Jahre die Gaspipeline von den Plattformen in der Nordsee als Unterwasserpipeline aufs Festland geführt werden sollten. Unter heftigem Protest aller Umweltschützer erreichte man ein Agreement, daß das vom Meeresgrund abgesaugte Material, welches bei der Vesenkung der Pipeline im Meeresboden anfiel, in Langeoog auf den Strand gespült wurde. Durch diese Maßnahme konnte das gesamte Strandniveau erheblich angehoben werden mit dem Ergebnis, daß nicht mehr jede kleinere Springflut gleich wieder an den Dünenfüssen nagte.
Auch wenn es zu dieser Maßnahme erhebliche Zweifel hinsichtlich ihrer Wirksamkeit gegeben hat: Sie hat die Insel unmittelbar um etwa 2 Mio Kubikmeter Sand reicher gemacht. Und um die wieder wegzuspülen, braucht sogar die Nordsee ihre Zeit. Ich kann das nicht beweisen, aber die seit Jahren vor dem Hauptstrand liegende riesige Plate ist sicher mit ein Ergebnis dieser Sandflut. Leider ist aber eben diese riesige Sandmasse direkt vor der Insel mit dafür verantwortlich, daß sich auf ihrer Landseite wieder ein sehr tiefer und strömungsintensiver Priel gebildet hat, der immer weiter Richtung Dünen wandert. Vielleicht sind hier mal die Strömungsmechaniker und die Informatiker gemeinsam gefragt, Modelle zu entwickeln, die Auswirkungen dieser Strömungen vorhersehbarer zu machen und eventuell die Stelle zu finden, wo man durch einen Sanddamm dem Priel sozusagen das Wasser abgräbt und ihn damit seiner Wirkung beraubt.
vielen Dank für diesen hochspannenden Beitrag, 1_st maxi!!!
Ich könnte höchstens noch hinzufügen, dass das Schlauchwerk von 1971/72 durchaus als Erfolg gewertet wurde. Damals ging es vor allem um einen kurzfristigen Schutz, der eine unmittelbare Gefahr abwenden sollte. Dies war, so die Gutachten in vollem Umfang gelungen. Das ganze Gutachten und die Bewertung der Maßnahme kann man lesen in
Lüders, K., Führböter, A., Rodloff, W.: Neuartige Dünen- und Strandsicherung im Nordwesten der Insel Langeoog. In: Die Küste - Archiv für Forschung und Technik an der Nord- und Ostsee, Heft 23. Heide i. Holst., 1972, S. 63-111.
Das Problem längerfristiger Vorhersagen und Maßnahmen besteht in der Komplexität der Faktoren, die Einfluss auf Strömungsverhältnisse und Sandtransport haben. So geht man heute davon aus, dass die seit den 40er Jahren überwiegend negative Sandbilanz im Bereich des Pirolatals auch im Zusammenhabg steht mit dem Bau des Flinthörndammes in den 20er und schließlich dem Bau des Militätflughafen in den 30er Jahren.
Grundsätzlich gilt, dass eine anlandende Plate zunächst mal einen Priel vor sich herschiebt, der den Strand verkleinert und Dünenabbrüche nach sich zieht, aber in der Regel ist dieser Prozess nach ein, zwei Jahren abgeschlossen, und aus den Platen finden die Randdünen wieder neue Nahrung. Die Durchdämmung eines schmalen und strömungsintensiven Priels ist nicht einfach.
1982 gab es vor dem Pirolatal noch eine interessante Maßnahme. Eine soweit vor dem strand liegende Sandplate, die unter natürlichen Bedingungen vermutlich im Bereich des Großen Sloops angelandet wäre, wurde mittels eines Dammes vom strand aus "eingefangen". Möglich war diese Maßnahme, weil der Priel zwischen Plate und Strand mit über 100 m sehr breit und relativ strömungsarm war. Im Leebereich des Dammes schwenkte die Plate tatsächlich nach Süden und trug zur Verbreiterung des Strandes und zum Randdünenwachstum bei.
Quelle: Erchinger, H. F.: Strandaufspülungen als aktiver Küstenschutz vor Schutzwerken und Dünen auf Norderney und Langeoog. In: Die Küste - Archiv für Forschung und Technik an der Nord- und Ostsee, Heft 43. Heide i. Holst., 1986, S.181-204.
Es verdichten sich sozusagen die Hinweise, dass das Pirolatal erst seit 1962 oder 1963 offiziell "Pirolatal" genannt wird. Im Volksmund natürlich schon viel länger.